Arbeitnehmerüberwachung

Geschrieben am 04.12.2017 von:

Sabine Pernikas

Rechtsanwältin | Fachanwältin für IT-Recht
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Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Arbeitnehmerüberwachung durch einen Detektiv rechtmäßig und die auf den gewonnen Erkenntnissen beruhende fristlose Kündigung begründet war (BAG Urteil vom 29.06.2017, Az.: 2 AZR 597/16).

Tätigkeit für Konkurrenz oder Krankheit?

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts geht auf die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers zurück. Dieser war knapp 40 Jahre in einem Unternehmen für Stanzformenbau tätig. Im Jahr 2014 war er mehrfach über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben und seit dem Jahr 2015 wegen Krankheit dauerhaft arbeitsunfähig. Die Söhne des Arbeitnehmers hatten ein eigenes Unternehmen für Stanzformenbau gegründet. Durch Zufall erhielt der Arbeitgeber Kenntnis von einer E-Mail dieses Unternehmens, in der die Söhne mit ihrer jahrelangen Expertise warben, insbesondere mit der fast 40-jährigen Berufserfahrung ihres Vaters.

Der Arbeitgeber wurde aufgrund dieser E-Mail misstrauisch. Er vermutete, dass der Arbeitnehmer die Krankheit nur vortäuscht und in Wirklichkeit für das Unternehmer seiner Söhne arbeitet. Der Arbeitgeber beauftragte daraufhin einen Detektiv zur Überwachung des Arbeitnehmers. Der Detektiv konnte zunächst feststellen, dass der private PKW des Arbeitnehmers regelmäßig auf dem Firmengelände der Söhne parkt. Später konnte er sich durch einen Vorwand auch Einblicke in den Betriebsablauf verschaffen und feststellen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich auch aktiv mitarbeitet. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos.

Unterschiedliche Urteile

Der Arbeitnehmer wollte die Kündigung nicht akzeptieren und ging gerichtlich gegen seinen Arbeitgeber vor. Er bestritt dabei, seine Krankheit nur vorgetäuscht zu haben und in Wirklichkeit für das Unternehmen seiner Söhne tätig geworden zu sein. Außerdem vertrat er die Ansicht, dass die Überwachung durch einen Detektiv unzulässig war und die daraus gewonnen Beweise nicht verwertet werden können. In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht wurde die Kündigung bestätigt. Gegen dieses Urteil ging der Arbeitnehmer in Berufung und bekam vor dem Landesarbeitsgericht Recht. In der vom Arbeitgeber eingelegten Revision vor dem Bundesarbeitsgericht entschieden die Richter nun endgültig, dass die Kündigung rechtmäßig war.

Die Erfurter Richter machten zunächst deutlich, dass ein Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB vorliegen würde, wenn der Arbeitnehmer während seiner Krankschreibung tatsächlich für das Unternehmen seiner Söhne tätig war. Nach § 241 Abs. 2 BGB sind beide Vertragsparteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf ihre jeweiligen Interessen verpflichtet. Die Tätigkeit für einen Konkurrenten stellt nach Ansicht der Richter daher eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar. Weiterhin ist auch das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein Grund zur fristlosen Kündigung. Schon der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB kann nach Ansicht der Richter eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Beweisbarkeit der Pflichtverletzung

Das Gericht stellte fest, dass die Pflichtverletzung durch die Erkenntnisse aus der Arbeitnehmerüberwachung ausreichend nachgewiesen werden konnte. Die Verwertung war auch nicht aufgrund eines Beweisverwertungsverbotes unzulässig. Insbesondere lag kein Verstoß gegen § 32 BDSG vor. Im Fall der Videoüberwachung ist anerkannt, dass diese nur im Einzelfall beim Verdacht einer Straftat auf § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG gestützt werden kann. Wegen der Ähnlichkeit der Maßnahmen ist dies nach Ansicht der Richter auch beim Einsatz eines Detektivs möglich.

Dem Arbeitnehmer wurde hier jedoch keine Straftat vorgeworfen, weshalb § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG nicht anwendbar ist. Während teilweise vertreten wird, das diese Vorschrift eine Sperrwirkung gegenüber § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG entfaltet, vertrat das Bundesarbeitsgericht eine andere Ansicht und stützte die Zulässigkeit der Überwachung durch den Detektiv auf § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Interessen der betroffenen Personen durch diese Vorschrift vergleichbar geschützt werden und § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG sich außerdem auch ausdrücklich auf die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses bezieht. Zudem bestand der konkrete Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung und mildere Mittel waren nicht verfügbar. Eine Arbeitnehmerüberwachung in engen Grenzen beim Vorliegen eines bestimmten und schwerwiegenden Verdachts ist also grundsätzlich zulässig.


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